Donnerstag, 5. Juni 2025

Au douz tens nouvel: Lieder der Trouvères - Ensemble Céladon



Das Ensemble Céladon beschäftigt sich seit Jahren mit der Musik, die die Welt der höfischen Liebe im Mittelalter widerspiegelt. Im Jahre 2014 erschien eine CD, die den Liedern der Troubadours gewidmet war, die zweite Folge beschäftigte sich mit den deutschen Minnesängern, und die vor kurzem erschienene dritte Folge enthält Lieder der Trouvères. Sie können als die Nachfolger der Troubadours betrachtet werden, und übernahmen das Konzept der fin d'amor, in dem der Dichter sich in den Dienst einer Dame stellt, die grundsätzlich unerreichbar ist.

Offensichtlich spiegeln diese Chansons „ein gebildetes und wohlhabendes Milieu wider, das die Mittel hatte, sie für die Nachwelt festzuhalten. Diese mittelalterliche Aristokratie drückte sich in poetischen Begriffen aus, nicht nur, weil es ihrem Geschmack entsprach, sondern auch, weil dies denjenigen, die sie verwendeten, allmählich den Ruf eines schönen Esprits einbrachte“, wie Anne Delafosse es in ihrer Programmerläuterung formuliert.

Die Chansons lassen sich in verschiedene Gattungen einteilen. In der chanson de l'amour beschreibt der Liebhaber die Qualitäten einer Dame oder beklagt sein Leid. Das heiterere Gegenstück ist die pastourelle, die uns in die Welt der Ritter und Schäferinnen versetzt. Dann gibt es noch die chanson de l'encontre, in der sich ein Mann und eine Frau begegnen.

Die chanson pieuse zeigt, dass es damals keine strikte Spaltung zwischen der geistlichen und der weltlichen Musik gab. Ein Beispie ist Hui matin a l'ajournee von Gautier de Coincy, einem Mönch. „Ein Ritter – der Erzähler – findet am Morgen die schönste aller Blumen, die ihn dazu inspiriert, die „Blume des Paradieses“ selbst zu preisen: die Jungfrau Maria.“ Diese Chanson, die in der Sammlung Les Miracles de Nostre Dame (zusammengestellt zwischen 1218 und 1233) enthalten ist, gehört auch zur Gattung der reverdie, die den Frühlingsanfang feiert.

In mittelalterlicher Musik ist Rekonstruktion fast unvermeidlich, da viele Werke unvollständig oder sogar ohne Musik überliefert sind. Die Frage ist immer, wie weit man dabei gehen sollte und wie man in einzelnen Fällen vorgehen sollte. Darüber lässt sich streiten. Auch hier gibt es fragwürdige Rekonstruktionen. Problematischer ist allerdings die Interpretation, vor allem im Bereich der Verwendung von Instrumenten. Hier werden mehrere Instrumente eingesetzt, als Begleitung oder in Vor- und Zwischenspielen. Soviel ich weiss traten die Trouvères solistisch auf, sich selbst begleitend auf einem Instrument, wie Laute, Harfe oder einem Streichinstrument. Die akustischen Effekte, die das erste Stück der CD einleiten und abschliessen, wirken befremdend.

Das soll aber keinen davon abhalten, sich diese CD zu ergattern, zumal da hier exzellent gesungen und gespielt wird und diese Lieder sehr schön sind. Vor allem die anonym überlieferten Lieder mögen weitgehend unbekannt sein. Es ist schade, dass das Textheft die Texte nur im Original abdruckt, ohne jegliche Übersetzung. Das hilft nicht, sie dem Hörer näher zu bringen. Übrigens gibt es informative Programmerläuterungen, aber nicht auf deutsch.

"Au douz tens nouvel - Chansons de trouvères"
Ensemble Céladon/Paulin Bündgen
Ricercar RIC 465 (© 2024) Details

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