Mittwoch, 14. Mai 2025

A Trè: Violoncellotrios des 18. Jahrhunderts - Tiefsaits



Von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts war die Triosonate die beliebteste Form von Kammermusik. Triosonaten waren meistens für musikalische Laien gedacht: sie verlangten einiges technisches Können, waren aber nicht zu anspruchsvoll. Sie wurden meistens unter dem Titel Sonate à tre veröffentlicht, und daraus erklärt sich der Titel der hier zu rezensierenden CD.

Triosonaten waren meistens für zwei Violinen und Basso continuo bestimmt; im Verlaufe des 18. Jahrhunderts kamen andere Instrumente dazu, wie Traversflöten und Oboen. Trios für drei Violoncellos waren aber rar, und es war erst in der Zeit der Klassik, dass solche Werke komponiert wurden, und dann vielleicht noch nicht in grossen Mengen. Das deutsche Ensemble Tiefsaits hat einige solcher Trios eingespielt, aber einige Werke des Barock sind in Wirklichkeit Triosonaten, in denen das dritte Violoncello den Basso continuo spielt. Das war eine damals durchaus gängige Praxis, die heute selten zu hören ist.

Hauptperson im Programm ist Giuseppe Clemente (ursprünglich: Joseph Marie Clément Ferdinand) dall'Abaco (1710-1805), Sohn des bekannteren Evaristo Felice, der aus Italien stammte, und in Brüssel wirkte, als sein Sohn geboren wurde. Letzterer wurde als Cellist ausgebildet, unter anderem in Italien, und war einige Zeit in der kurfürstlichen Kapelle zu Bonn tätig. Ihm wurde es erlaubt, als Cellovirtuose durch Europa zu reisen; 1753 liess er sich in Verona nieder.

Von ihm erklingen zwei Trios, in denen die Instrumente unterschiedlich behandelt werden. Dazu kommen noch drei der insgesamt elf Caprices für Violoncello solo. Während die Trios für technisch versierte Laien oder andere professionelle Spieler bestimmt waren, hat Dall'Abaco die Caprices wohl für den eigenen Gebrauch konzipiert. Sie werden oft mit den Suiten für Violoncello solo von Bach verglichen, und da ist was dran. Insbesondere die hier eingespielte Caprice Nr. 4 könnte man sich durchaus als prélude einer seiner Suiten vorstellen.

Wie Dall'Abaco war auch Jean Barrière ein professioneller Cellist. Er hat vier Bücher mit Cellosonaten veröffentlicht, und im dritten Buch gibt es eine für zwei Violoncellos und Bass. Wegen der Notation der Oberstimme wird hier ein französisches Instrument mit fünf Saiten verwendet.

Schliesslich erklingt noch eine Sonate von Benedetto Marcello, der einzige im Bunde, der selber nicht Cello spielte. Es ist wohl der wachsenden Beliebtheit des Instruments zu verdanken, dass er zwei Sammlungen von Sonaten für ein bzw. zwei Violoncellos und Basso continuo veröffentlichte. Interessanterweise erwähnt er die Viola da gamba als Alternative. Bemerkenswert ist der Schlussatz der hier eingespielten Sonate: es gibt nur eine Melodielinie, die das zweite Cello fragmentarisch imitieren soll in Form eines Kanons; der Generalbass fehlt.

Diese Einspeilung ist das Debut des Ensembles, das besteht aus Anna Reisener, Alma Stolte and Mirjam-Luise Münzel. Eine bessere Weise, sich dem Publikum vorzustellen, lässt sich kaum denken. Das Programm ist originell und interessant, und die Musik wird technisch einwandfrei und mit viel stilistischer Einsicht und Engagement vorgetragen. Ich möchte diese Aufnahme nachdrücklich empfehlen, nicht nur Liebhabern des Violoncellos. Und ich hoffe und erwarte, dass diese Damen einer erfolgreichen Karriere entgegensehen dürfen.

"À Tre - 18th Century Cello Trios"
Tiefsaits
Da Vinci Classics C00943 (© 2024) Details

Donnerstag, 1. Mai 2025

Lusitano: Liber Primus Epigramatum - Arte Minima



Musik der Renaissance von der iberischen Halbinsel wird oft aufgeführt und aufgenommen. Trotzdem gibt es noch viele Komponisten, die kaum bekannt sind. Dazu gehört auch Vicente Lusitano (um 1520 - nach 1561). Er wurde im portugiesischen Olivença (heute Olivenza, Spanien) geboren. Über seine Ausbildung wissen wir so gut wie nichts. Möglicherweise war sein Lehrer ein gewisser Pero Brujel oder Brugel, wahrscheinlich ein Komponist flämischer Herkunft. Wenn das stimmt, lässt sich vielleicht daraus erklären, dass Lusitano stark von Josquin Desprez und Nicolas Gombert beeinflusst wurde.

In den späten 1580er Jahren ging er nach Rom, wo 1551 die Sammlung von Motetten veröffentlicht wurde, aus der die Werke stammen, die das Ensemble Arte Minima aufgenommen hat. Zwei Jahre später veröffentlichte Lusitano ein theoretisches Werk, das aus einem Disput mit seinem Kollegen Nicolà Vicentino hervorging. "Im Mittelpunkt dieser Debatte standen die gegensätzlichen Auffassungen über die Interpretation theoretischer Konzepte aus der griechischen Antike im 16. Jahrhundert, insbesondere über die Stimmung bestimmter musikalischer Intervalle, ein Thema, das ein so differenziertes Verständnis erfordert, dass es an die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung stößt", schreibt Pedro Sousa Silva im Textheft. Die Folge war, dass später Lusitano fast nur als Theoretiker wurde, und seine Musik in Vergessenheit geriet.

Sie scheint schon damals wenig Anklang gefunden zu haben, was ein Musikwissenschaftler mit der Schwierigkeit der Mittelstimmen in Verbindung bringt, die in einigen Motetten sogar für eine instrumentale Darstellung gemeint zu sein scheint. In dieser Aufnahme wurde das Problem so gelöst, dass Blockflöten mitspielen und Lücken auffüllen. Das wird auch dadurch motiviert, dass diese Motetten vielleicht nicht für die Liturgie, sondern für Privatandachten gemeint sind. Solche Musik wird oft als musica reservata oder musica secreta bezeichnet.

Das rechtfertigt auch eine solistische Besetzung. Trotzdem ist der Text oft nicht optimal verständlich. Daran sind nicht die Sänger schuld, sondern die Dichte des polyphonen Gewebes. Vor allem darin, und im Mangel an Atempausen, zeigt sich der Einfluss von Gombert. Josquins Einfluss kommt in zwei Motetten zum Ausdruck, die Lusitano bearbeitet hat: Inviolata, integra et casta es und Praeter rerum seriem. In beiden Fällen hat er die Zahl der Stimmen von fünf bzw. sechs auf acht erweitert.

Im Jahre 1561 konvertierte Lusitano zum Protestantismus. Er bewarb sich vergebens um eine Stelle am Württembergischen Hof in Stuttgart. Danach verschwindet er in die Finsternis der Geschichte. Was aus ihm geworden ist, wissen wir nicht. Es ist schön, dass Arte Minima ihm ein klingendes Denkmal gesetzt hat. Seine Musik verdient es, dargestellt zu werden, und die Qualität der Interpretation lässt ihr Gerechtigkeit widerfahren. Das Ensemble wird sich weiterhin mit Lusitano beschäftigen. Auf weitere Aufnahmen dürfen wir uns freuen.

Vicente Lusitano: Liber Primus Epigramatum (1551)
Arte Minima/Pedro Sousa Silva
Pan Classics PC 10466 (© 2025) Details

A Trè: Violoncellotrios des 18. Jahrhunderts - Tiefsaits

Von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts war die Triosonate die beliebteste Form von Kammermusik. Triosonaten waren meiste...