Donnerstag, 29. Mai 2025

Boismortier: Sonaten für zwei Pardessus de viole - Dialogue Viols



Im 18. Jahrhundert waren Duette für zwei gleiche Instrumente sehr beliebt. Solche Stücke konnten im intimen Kreis von Laien gespielt werden, konnten aber auch für pädagogische Zwecke benutzt werden: der Lehrer spielt die eine Stimme, der Schüler die andere. Auch der französische Komponist Joseph Bodin de Boismortier hat mehrere Sammlungen solcher Werke veröffentlicht. Das wundert nicht, denn sein Ziel war es, Laien mit guter Musik zu versorgen, die technisch einige Herausforderungen stellte, aber nicht zu schwer war. Damit ist er durchaus mit Telemann zu vergleichen.

Etwas mehr als 100 Sammlungen mit einer Opusnummer hat er veröffentlicht. Etwa ein Viertel davon ist verlorengegangen. Dazu zählte bis vor kurzem auch das Opus 63, das bemerkenswert ist wegen der Besetzung. Es handelt sich um sechs Duette, die nicht für die heute noch bekannte Instrumente wie Violine, Traversflöte oder Viola da gamba bestimmt sind, sondern für zwei Pardessus de viole. Solche Instrumente waren um die Mitte des 18. Jahrhunderts sehr beliebt. Die Pardessus de viole sollte nicht mit der Diskantgambe verwechselt werden. Sie war eine Quarte höher gestimmt und hatte einen mit der Geige vergleichbaren Umfang. Das Instrument wurde vor allem Damen empfohlen, als Ersatz für die Geige, die als nicht passend für sie betrachtet wurde. Das soll aber nicht heissen, dass nur sie dieses Instrument spielten. Marin Marais und sein Sohn Roland spielten beide die Pardessus de viole, und ein anderer Gambenvirtuose, Charles Dollé, unterrichtete das Spiel auf dem Instrument.

Ursprünglich hatte die Pardessus de viole sechs Saiten, später wurde es mit fünf Saiten versehen; es war bekannt als quinton, aber die offizielle Bezeichnung ist Pardessus à cinq cordes. Die Popularität der Pardessus de viole kommt in der grossen Menge an Werken zum Ausdruck, die das Instrument als eine der Besetzungsmöglichkeiten erwähnen. Trotzdem, ganz wenige Stücke sind speziell für dieses Instrument bestimmt. Da bilden die Duette von Boismortier eine Ausnahme. Das macht es umso wichtiger, dass sie vor kurzem wiederentdeckt wurden.

Für lange Zeit war Boismortier unter Profis nicht sonderlich beliebt, denn es galt als unmöglich, dass jemand soviel Musik komponieren konnte, ohne oberflächlich zu sein. Ausserdem sind seine Werke Produkte des galanten Stils, der oft als einfach und wenig interessant betrachtet wurde. In letzter Zeit scheint sich das Blatt gewendet zu haben, aufgrund der Zahl der Aufnahmen. Und das ist erfreulich: ich habe viele dieser Einspielungen gehört, und dabei festgestellt, dass es sich um ganz gute Musik handelt. Es gibt durchaus Momente von starkem Ausdruck, und eindrucksvoll ist vor allem, wie der Komponist es immer schafft, die Eigenartigkeiten jedes Instruments zum Tragen kommen zu lassen.

Das gilt mit Sicherheit auch für diese Duette. Sie haben dieses Instrument vielleicht noch nie gehört. Diese Aufnahme des Duos Dialogue Viols, das aus Peter Wendland und Jacqui Robertson-Wade besteht, ist die perfekte Gelegenheit, es kennenzulernen, zumal die beiden Artisten diese Duette hervorragend interpretieren, mit viel Schwung und Fantasie, in perfektem Zusammenspiel. Lassen Sie sich überraschen! Gute Chance, dass Sie sich in die Pardessus de viole verlieben werden.

Joseph Bodin de Boismortier: "6 Sonatas for 2 Pardessus de viole, Op. 63"
Dialogue Viols
First Hand Records FHR159 (© 2025) Details

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