Mittwoch, 18. Juni 2025
Zieleński: Offertoria et Communiones totius anni (II) - Andrzej Kosendiak
Mikołaj Zieleński gilt als der wichtigste Komponist Polens an der Schwelle von Renaissance und Barock. Über ihn ist nicht viel bekannt, nicht einmal wann und wo er geboren wurde, und wann er gestorben ist. Sein ganzes Oeuvre befindet sich in zwei Bänden mit Offertorien und Kommunionsgesängen, die zusammen 1611 in Venedig erschienen. Das hat zur Vermutung Anlass gegeben, er habe einige Zeit in Venedig verbracht, aber dafür gibt es keine handfesten Beweise. Klar ist aber, dass sie im italienischen Stil komponiert worden sind.
Die Offertorien stehen im stile antico, und darin verwendet Zieleński die Technik der cori spezzati. Fast immer sind die Chöre unterschiedlich besetzt: ein Chor der höheren Stimmen steht einem Chor tieferer Stimmen gegenüber. In den Kommunionsgesängen kündigt sich aber schon die neue Zeit an: die Besetzung ist für Solostimmen und diese Stücke sind in einem mehr deklamatorischen Stil verfasst. Allerdings kann von der modernen Monodie keine Rede sein: der Kontrapunkt ist noch immer entscheidend.
Die Titel der beiden Sammlungen - Offertoria totius anni bzw. Communiones totius anni - weisen darauf hin, dass diese Gesänge für die verschiedenen Feste des Kirchenjahres bestimmt sind. Die hier rezensierte zweite Folge beschränkt sich auf jene Stücke, die für Feste von in Polen verehrten Heiligen komponiert worden sind. Dazu zählen Johannes der Täufer, Johannes der Apostel, Sankt Stanislaus und Sankt Adalbert. Das letzte Stück ist passenderweise für Allerheiligen gemeint.
Das gesamte Oeuvre von Zieleński wurde schon mal aufgenommen, unter der Leitung von Stanislaw Galonski (Dux, 2009-2011). Diese Aufnahme bot zwar einen guten Einblick in die Qualität des Oeuvres von Zieleński, konnte in der Interpretation aber nicht wirklich überzeugen. Daher ist eine Neuaufnahme sehr willkommen. Der Unterschied manifestiert sich vor allem in den kleiner besetzten Kommunionsgesängen, wo die Sänger des Wrocław Baroque Ensemble ihren Kollegen überlegen sind. In den Offertorien gibt es einen wesentlichen Unterschied: Galonski setzte einen Chor ein, während hier die doppelchörigen Werken solistisch besetzt sind. Welche der zwei den historischen Umständen entspricht, kann ich nicht beurteilen. Es wird im Textheft nicht diskutiert.
Richtig scheint mir, dass hier Instrumente eingesetzt werden, entweder Streicher oder Bläser (Zink, Posaunen, Dulzian). Die Instrumente sind auch separat zu hören, in drei Fantasien die unvollständig überliefert worden sind. Für diese Aufnahme wurden die fehlenden Oberstimmen rekonstruiert.
Mit 41 Minuten ist die Spielzeit doch sehr knapp ausgefallen. Das mag die Folge der Entscheidung sein, sich ganz auf jene Stücke zu konzentrieren, die Heiligen gewidmet sind. Es sollte kein Anlass sein, diese Produktion zu ignorieren. Die Musik ist erstklassig, und die Interpretationen sind hervorragend. Ich hoffe, dass in den nächsten Jahren weitere Aufnahmen der Werke von Zieleński mit diesem Ensemble erscheinen werden.
Mikołaj Zieleński: Offertoria et Communiones totius anni - II
Wrocław Baroque Ensemble/Andrzej Kosendiak
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