Mittwoch, 24. September 2025
London um 1760 - La Rêveuse
Das französische Ensemble La Rêveuse beschäftigt sich schon einige Jahre mit dem Musikleben in London im 18. Jahrhundert. Die erste CD beleuchtetete die Musikszene um 1720, die zweite die Musik, die um 1740 komponiert und aufgeführt wurde. Mit der vor kurzem erschienene dritte Folge sind wir zwanzig Jahre weiter in der Zeit. Die Musik von Händel war noch immer beliebt, aber im öffentlichen Musikbetrieb spielten auch andere Komponisten eine wichtige Rolle. Dazu zählten zwei, die - wie Händel auch - aus Deutschland stammten: Johann Christian Bach und Carl Friedrich Abel.
Die beiden kannten sich aus Leipzig, und die beiden Familien waren gut befreundet. Abel liess sich 1758 in London nieder, und Bach kam 1762 nach London, nachdem er eine Zeit in Italien gewirkt hatte. 1765 begann die Konzertreihe, die zu den wichtigsten der Zeit gehörte: die 'Bach-Abel-Konzerte', die bis 1775 stattfanden. Dort werden beide mit eigenen Werken aufgetreten sein: Bach als Klavierspieler, Abel auf der Viola da gamba. Er war der grösste Gambist seiner Zeit in England, und die vielen Stücke für Gambe ohne Begleitung sind wohl in erster Linie Improvisationen gewesen, die er später für seine Schüler aus aristokratischen Kreisen aufgeschrieben hat. Die meisten stammen aus der sogenannten 'Drexel-Sammlung'; zwei dieser Stücke erklingen hier. Er komponierte aber auch für viele andere Besetzungen, wie ein Quartett für Traversflöte und Streicher. Nicht überraschend ist, dass der Bass für die Viola da gamba gemeint ist.
Ein Quartett für die gleiche Besetzung von Johann Christian Bach hat eine Partie für das Violoncello (ein Instrument, dass Abel übrigens auch spielte), aber hier erklingt eine Fassung mit Viola da gamba, die basiert auf einer Handschrift in der Kulukundis-Sammlung, die sich im Bach-Archiv zu Leipzig befindet. Die Partie für Viola da gamba fehlt, wurde aber von Thomas Fritzsch rekonstruiert.
Es kamen auch neue Instrumente auf die Bühne. Eines dieser war die englische Gitarre, die vor allem under Damen Erfolg hatte. Und dann gab es die Glasharfe (oder das Gläserspiel), Vorläufer der Glasharmonika. Für beide Instrumente erschienen Lehrwerke, verfasst von Ann Ford. Zwei ihrer Stücke für die Glasharfe sind hier zu hören, wie Werke für englische Gitarre von Francesco Geminiani und von Rudolf Straube, einem anderen deutschen Einwanderer.
Mit einer Spieldauer von weniger als eine Stunde ist diese CD etwas kurz geraten. Zu kurz, und das darf als Kompliment verstanden werden. Diese CD ist besonders interessant (wie die beiden ersten auch) und musikalisch fesselnd, auch dank der exzellenten und engagierten Darbietungen des Ensembles. Ich hätte gerne mehr gehört. Aber diese CD sollte auch andere Musiker anspornen, sich mit diesem Repertoire auseinanderzusetzen. Unser Bild von Johann Christian Bach und Carl Friedrich Abel ist einseitig, und dass sollte korrigiert werden. Auch auch die englische Gitarre und die Glasharfe haben mehr Aufmerksamkeit verdient.
Auf jeden Fall ist diese CD ein Leckerbissen für neugierige Musikliebhaber.
"Si breve è 'l tempo - Madrigals of the Low Countries"
La Compagnia del Madrigale
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