Freitag, 3. Oktober 2025
Galuppi: Sonaten und Konzerte für Cembalo - Arianna Radaelli
Nach dem Tod Antonio Vivaldis war Baldassare Galuppi (1706-1785) der wichtigste Komponist in Venedig. Sein Ruf war bald so gross, dass Werke von Vivaldi als Kompositionen von Galuppi angeboten wurden. Er wurde als Cembalist ausgebildet und spielte im Alter von 20 Jahren schon als solcher in Opernaufführungen. Zur gleichen Zeit fing er an, Arien für Opern anderer Komponisten zu schreiben. Für viele Jahre war er vor allem als Opernkomponist tätig, in Venedig, aber für mehrere Jahre auch in Sankt Petersburg. Als er in Venedig zurückkehrte, konzentrierte er sich auf die Komposition von geistlicher Musik.
In seinem Instrumentalschaffen steht Musik für Tasteninstrumente an erster Stelle. Sein Oeuvre an Werken für ein Tasteninstrument, mit und ohne Begleitung, wird auf rund 400 Stück geschätzt. Nur ein ganz kleiner Teil ist heute einigermassen bekannt. Das lässt sich auch daraus erklären, dass der grösste Teil nur in Handschrift erhalten geblieben ist. Nur zwei Sammlungen von je sechs Sonaten sind während seines Lebens in Druck erschienen. Das wundert nicht, denn Klaviermusik wurde damals vor allem improvisiert. Es liegen uns keine Autographe vor, nur Kopien, die von anderen verfertigt wurden. Und die Popularität seiner Musik lässt sich auch daraus ablesen, dass Kopien von Kopien entstanden sind, aber dann oft in anderen Zusammenstellungen. Und so findet man bestimmte Sätze in verschiedenen Sonaten, was Wissenschaftlern und Interpreten vor Probleme stellt, und vielleicht auch erklärt, warum Galuppis Musik so wenig aufgeführt und aufgenommen wird.
Arianna Radaelli hat fünf Sonaten und zwei Konzerte eingespielt. Es fällt auf, wie unterschiedlich die Sonaten sind, sowohl was ihre Struktur als ihr Charakter anbetrifft. Die Zahl der Sätze ist unterschiedlich, und variiert von einem bis drei. Eine Sonate in B-Dur zeigt eine starke Ähnlichkeit mit dem Stile von Carl Philipp Emanuel Bach, insbesondere im Sturm-und-Drang. In anderen Sonaten gibt es improvisatorische Züge, und in einer Sonate wird der moderne galante Stil mit dem 'altmodischen' Kontrapunkt zusammengebracht. In den einsätzigen Sonaten ist der Einfluss Domenico Scarlattis unverkennbar.
Von Galuppi sind sieben Konzerte für Cembalo und Streicher bekannt. Das sind keine Orchesterwerke, sondern eher für Aufführung im intimen Kreis bestimmt, und daher spielt das Ensemble La Filarete sie mit einem Instrument pro Stimme, wie auch Roberto Loreggian, der sämtliche Konzerte für Brilliant Classics aufgenommen hat. Das Konzert in F-Dur steht ganz im galanten Idiom, während das Konzert in C-Moll dem nervösen Stil Carl Philipp Emanuel Bachs ähnelt. Eine Besonderheit ist, dass Galuppi als Streichbass ein Violotto verlangt. Dabei handelt es sich um ein italienisches Instrument mit fünf Saiten der Viola da gamba-Familie, aber grösser als eine Gambe, und mit einem tieferen Klang. Im Textbuch zu Radaellis Aufnahme wird es nicht erwähnt, und die Besetzung mit Violoncello und Violone ist traditionell, im Gegensatz zu Loreggians Aufnahme, wo ein Violotto eingesetzt wird.
Das ist der einzige Kritikpunkt zu dieser Produktion, die eine perfekte Einführung in das Oeuvre für Tasteninstrumente von Galuppi bietet. Arianna Radaelli ist ein überzeugendes Plädoyer für dessen Klaviermusik gelungen. Sie erlaubt sich Freiheiten im Tempo, die ihre Darbietungen umso spannender machen. Wo es passt, spielt sie Verzierungen und fügt sie Kadenzen ein. Das Ensemble La Filarete ist exzellent in den Konzerten.
Es ist zu hoffen, dass die Musik von Galuppi in den kommenden Jahren häufiger zu hören sein wird. Arianna Radaelli hat einen hohen Massstab gesetzt.
Baldassare Galuppi: "Wonder in Venice - Sonatas and concertos for harpsichord"
Arianna Radaelli, Cembalo; La Filarete
Arcana A579 (© 2025) Details
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