Der britische Organist David Ponsford ist ein Spezialist auf dem Gebiet der französischen Orgelmusik des Barock. Er hat ein Buch über die Orgelmusik, die unter dem Regime Ludwigs XIV. komponiert wurde, veröffentlicht, und seit einigen Jahren nimmt er für Nimbus eine Reihe CDs mit Musik einiger der grossen Vertreter ihres Fachs auf. Es liegt jetzt die Folge 8 vor, die der Orgelmesse von Gaspard Corrette (um 1671 bis vor 1733) gewidmet ist. Beim Namen Corrette denkt man an Michel, seinen Sohn, der einer der produktivsten Komponisten seiner Zeit war. Sein Vater hat nur wenig Musik hinterlassen: seine Orgelmesse ist das einzige Werk seiner Feder, das zu uns gekommen ist. Über sein Leben wissen wir wenig; nach einiger Zeit als Organist in Paris gewirkt zu haben, scheint er als Tanzmeister tätig gewesen zu sein.
Orgelmessen sind selbstverständlich für die Liturgie gemeint: die Orgelverse werden in Abwechslung mit einstimmigen Gesängen gespielt. Komponisten solcher Messen haben allerdings diese Gesänge nie in ihre Ausgaben aufgenommen, und die Wahl dieser Gesänge wird den Klöstern oder Kirchen überlassen. Diese Messe ist für den Gebrauch in einem Frauenkloster gemeint. Dort pflegte man ein Repertoire, das sich irgendwo zwischen dem traditionellen gregorianischen Gesang und den neukomponierten Gesängen der Zeit befindet. Wer die liturgischen Gesänge einbeziehen möchte, muss also eine Wahl treffen. David Ponsford hat darauf verzichtet, was völlig legitim ist. Auch ohne liturgische Einbettung verfehlt diese Musik ihre Auswirkung nicht.
Französische Orgelmusik des Barock lässt sich schwer auf andere Orgeln übertragen. Die Komponisten haben meistens die zu verwendenden Register genau angegeben, und diese sind auf andersartigen Instrumenten meistens nicht anzutreffen. Ponsford hat sich für ein Instrument entschieden, das 1709/10 von Andreas Silbermann in Marmoutier gebaut wurde; sein Sohn vollendete den Bau 1745. Nach Angaben von Ponsford ist es das nahezu ideale Instrument für diese Messe von Corrette; fast immer können die Register verwendet werden, die er vorgeschrieben hat.
Als eine Art von Zugabe hat Ponsford einige Werke von Jean-François Dandrieu hinzugefügt: ein Magnificat, zwei separate Stücke, ein Noël und Variationen über die Osterhymne O Filli et Filiae. Ich nehme an, dass Dandrieu später in diesem Projekt noch mal absonderlich zu Wort kommt. Die hier gespielten Stücke können als Einleitung dienen für jene, die dessen Musik nicht kennen.
Diese CD ist eine perfekte Kombination von Musik, Instrument und Interpret. Hier stimmt alles. Correttes Messe ist ein schönes Werk und die Orgel ein beeindruckendes Instrument. Ponsford erweist sich hier als der ideale Interpret, der alle Eigenschaften des Werkes voll zur Geltung bringt und die Farbenpracht der Orgel optimal ausnutzt. Kein Orgelfreund soll diese CD verpassen. Auch schon erschienene Folgen - alle aufgelistet im Textheft - gehören in jede Sammlung von Orgel-CDs.
G Corrette, Dandrieu: "Messe du 8e ton & Magnificat"
David Ponsford, Orgel
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