Mittwoch, 26. März 2025

Musik mit Lyra viol - Friederike Heumann



Kaum irgendwo in Europa wurden im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts soviele Lieder für Singstimme und Laute komponiert und gedruckt als in England. Solche Lieder wurden oft in verschiedenen Besetzungen angeboten. Sie konnten von einer Singstimme und Laute dargestellt werden, aber auch mehrstimmig, mit oder ohne Instrumentalbegleitung. Die Laute war das favorisierte Begleitinstrument, aber auch ein Gambenensemble oder ein einziges Streichinstrument konnte verwendet werden.

Ein produktiver Komponist solcher Lieder war Robert Jones (c1577-1617). Er veröffentlichte fünf Bücher mit Liedern, die nicht generell positiv empfangen wurden. Und auch heute gibt es Musikwissenschaftler, die sich kritisch über seine Lieder geäussert haben. Umso bemerkenswerter ist es, dass Friederike Heumann sie zum Kern eines Programms gemacht hat, in dem sie mittels Vokal- und instrumentalmusik von Zeitgenossen - darunter einigen kaum bekannten - in ihren historischen Zusammenhang gestellt werden.

Im Programm kommt der Lyra viol eine besondere Bedeutung zu. Es gibt keine Einstimmigkeit zur Frage, ob es sich dabei um ein eigenständiges Instrument handelt oder um eine 'konventionelle' Viola da gamba. Ein Merkmal der Lyra viol ist, dass man darauf mehrstimmig spielen kann. Tobias Hume sah die Lyra viol als der Laute ebenbürtig, eine Auffassung, die von John Dowland kräftig widersprochen wurde.

Trotz der kritischen Kommentare gefallen mir die Lieder von Jones sehr gut. Sie verdienen ihren Platz im Repertoire, und die Begleitung von einer Lyra viol macht sie umso attraktiver. Dass sie überzeugen können, ist auch der Interpretation zu verdanken. Diese sind in jeder Hinsicht gelungen. Anna-Lena Elbert verfügt über eine wunderschöne Stimme, und ihre Darbietungen haben mir besonders gut gefallen. Sie ist keine Spezialistin für alte Musik, scheint sich aber in diesem Repertoire ganz wohl zu fühlen. Stilistisch kann sie voll überzeugen, beispielsweise im Bereich der Verzierungen. Sie widmet dem Text grosse Aufmerksamkeit und weiss jedes Lied so zu charakterisieren, dass der Inhalt optimal zur Geltung kommt. Ihre englische Aussprache ist besonders gut. Da englische Kolleg(inn)en meistens auch eine moderne Aussprache pflegen, wäre eine historische Aussprache hier wohl zuviel verlangt.

Auch im instrumentalen Bereich ist hier alles in Ordnung. Friederike Heumanns expressives Spiel ist ein gutes Argument für Tobias Humes Meinung zur Lyra viol. Die Rolle der Harfe ist überraschend: man hört sie selten in englischer Musik dieser Zeit. Man sollte allerdings bedenken, dass William Lawes Consortmusik mit Harfe komponierte.

Alles in allem: eine sehr erfreuliche Produktion, die einem Komponisten gewidmet ist, der kaum bekannt ist und besser ist als sein Ruf, und alles auf glanzvolle Weise dargeboten.

"Dreames and Imaginations - Poeticall Musicke to be sung to the Lyra viol"
Anna-Lena Elbert, Sopran; Friederike Heumann, Viola da gamba, Lyra viol; Angélique Mauillon, Harfe; Evangelina Mascardi, Laute
TYXart - TXA 21162 (© 2024) Details

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