Freitag, 18. Oktober 2024
Subissati: Sonaten für Violine und Basso continuo - Joanna Morska-Osińska
Im späten 16. und im 17. Jahrhundert wirkten mehrere italienische Musiker und Komponisten in Polen, meistens am Hofe. Einer dieser war der weitgehend unbekannte Aldebrando Subissati (1606-1677). Er wurde in Fossombrone geboren und empfing seine musikalische Erziehung, insbesondere im Geigenspiel, von seinem Onkel in Rom. In den 1630er und 40er Jahren war er Mitglied des Ensembles der Kirche San Luigi dei Francesi. Danach wirkte er in Passau, Olomouc und Wien, und ging dann nach Warschau. Dort war er auf jeden Fall im Jahre 1650; vier Jahre später kehrte er nach Fossombrone zurück. Dort war er aktiv als Lehrer und nahm wahrscheinlich an Aufführungen von Oratorien und Opern teil.
Wieviel Musik Subissati komponiert hat, ist nicht bekannt. Lediglich eine Sammlung von zwanzig Sonaten für Violine und Basso continuo hat sich erhalten. Sie sind nicht gedruckt worden; die Handschrift weist Korrekturen auf, und einige Sonaten sind nicht ganz komplett. Es ist zu vermuten, dass Subissati diese Sammlung als musikalisches Vermächtnis gemeint hat. Er hat sie wahrscheinlich in den Jahren 1675/76, also kurz vor seinem Tode, zusammengestellt. Allerdings sind sie wohl viel früher, zwischen 1630 und 1660, entstanden.
Es sind Beispiele des sogenannten stylus phantasticus, der um 1600 in Italien entstanden ist. In solchen Sonaten wechseln sich Abschnitte kontrastierenden Tempos und Metrums ohne Unterbrechungen ab. Diese Sonaten zeugen von den grossen Qualitäten des Komponisten. Sie sind technisch virtuos, und enthalten viele Merkmale, die damals gängig waren, wie Chromatik, schelle Wiederholungen einzelner Noten, die Ausschöpfung hoher Positionen und perkussionistische Effekte. Dann und wann gibt es schon ziemlich dramatische Abschnitte. Oft erinnerten diese Werke mich an die Rosenkranz-Sonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber.
Mehrere Sonaten tragen lateinische Titel. Diese verweisen auf Motetten von Giovanni Francesco Anerio (um 1567-1630), der von 1624 bis 1628 ebenfalls am polnischen Hofe wirkte. Subissati hat den Basso-continuo-Part dieser Motetten zur Grundlage seiner Sonaten genommen, aber nicht buchstäblich, sondern diminuiert. Wenn man diese Sonaten hört, fragt man sich, ob er vielleicht auch den Inhalt dieser Motetten in seine Kompositionen einbezogen hat. Es wäre interessant, das mal zu untersuchen.
Joanna Morska-Osińska hat mit dieser Aufnahme eine wichtige Tat vollbracht. Diese grossartigen Sonaten sind es durchaus wert, auf CD aufgenommen zu werden, und ich kann mir keine bessere Interpretation vorstellen, als hier vorgelegt wird. Technisch und musikalisch gehören diese Aufführungen zur Spitzenklasse. Die Darstellung des Basso continuo ist ebenfalls eindrucksvoll, mit einer gelungenen Kombination verschiedener Instrumente: Viola da gamba, Theorbe, Cembalo und Orgel.
Für mich ist diese Produktion eine der Aufnahmen des Jahres.
Subissati: Sonate per violino e basso continuo
Joanna Morska-Osińska, Violine; Paweł Zalewski, Viola da gamba; Marek Toporowski, Cembalo; Michał Sawicki, Orgel
Dux 1959/1960 (© 2024) details
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Dear Sir. Thank you very much for your favorable and constructive review of our Subissati. Unfortunately, in a group of musicians performing basso continuo
AntwortenLöschenone name and one instrument have been omitted - Mr. Filip Zieliński, who plays the theorbo in this group of sonatas with chester organ. Thank you again. Kind Regards,
Joanna Morska-Osińska