Mittwoch, 29. Januar 2025
Walther & Bach: Meister im Spiegel - Federico Terzi
Der italienische Organist Federico Terzi kam auf die glänzende Idee, Johann Sebastian Bach und Johann Gottfried Walther auf eine CD zusammenzubringen, und zwar mit einigermassen vergleichbaren Werken. Ob das schon mal gemacht wurde, weiss ich nicht. Es liegt aber auf der Hand: sie waren verwandt - Walthers Großvater mütterlicherseits, Valentin Lämmerhirt aus Erfurt, war der Halbbruder von Bachs Mutter Elisabeth Lämmerhirt - und waren einige Jahre Kollegen in Weimar, wo Bach zunächst als Organist und dann auch als Konzermeister am Hofe wirkte, während Walther Organist an der Stadtkirche war. Die Gefahr eines solchen Programms ist, dass der Hörer sie vergleicht und dann sich fragt, welcher der bessere sei. Das macht aber keinen Sinn und Terzi vermeidet es im Textheft.
In seinem Programm zeichnet er die verschiedenen Einflüsse nach. Es gibt zwei freie Werke: die Toccata con Fuga C-Dur von Walther ist der norddeutschen Orgelschule - und darüber hinaus dem italienischen stylus phantasticus - verpflichtet, während Bachs Fantasie in G-Dur, besser bekannt als Pièce d'orgue, den französischen Einfluss zeigt. Rein italienisch sind dann die Bearbeitungen von Konzerten von Vivaldi. Beide haben mehrere solcher Stücke bearbeitet, auf Anregung des Prinzen Johann Ernst von Sachsen-Weimar. Walthers Bearbeitungen sind alle für Orgel, während im Oeuvre von Bach die meisten für das Cembalo gemeint sind, wie auch das Konzert BWV 972, das Terzi ausgewählt hat. Das lässt sich problemlos auf der Orgel darstellen.
Auch mit älterer italienischen Musik haben Bach und Walther sich beschäftigt: beide nahmen jemals ein Thema von Arcangelo Corelli für eine Fuge bzw. vier Variationen.
Der dritte Einfluss ist hausgemacht: Bearbeitungen von Chorälen , mit denen beide aufgewachsen sind. Es erklingen von beiden Bearbeitungen von Das alte Jahr vergangen ist und Jesu, meine Freude; die Stücke von Bach stammen aus dem Orgelbüchlein. Es ist durchaus interessant zu hören, wie unterschiedlich sie die jeweilige Melodie behandeln.
Terzi spielt auf der Orgel in der Kirche zu Boudry in der Schweiz; es handelt sich um eine Kopie der Silbermann-Orgel in der Kirche zu Großhartmannsdorf in Deutschland. Es erweist sich als ein sehr gutes Instrument für dieses Repertoires. Terzi kann auch stilistisch überzeugen; er scheut oberflächlige Effekte, und weiss mit den choralgebundenen Werken durchaus etwas anzufangen. Nur dann und wann hätte ich mir eine etwas schärfere Artikulation gewünscht. Dass auf diese Weise das Orgeloeuvre von Walther in die Aufmerksamkeit gerückt wird, ist ein weiterer Plus dieser Produktion.
Für Orgelliebhaber ist diese Aufnahme eine schöne und interessante Erweiterung ihrer CD-Sammlung.
Johann Gottfried Walther, Johann Sebastian Bach: "Maestros in the mirror"
Federico Terzi, organ
Da Vinci Classics C00941 (© 2024) details
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