Mittwoch, 19. Februar 2025

Die Experten: die Dynastien Bach und Silbermann - Louis-Noël Bestion de Camboulas



Bach und Silbermann werden oft in einem Atemzug genannt. Sie kannten sich gut, ihre Wege kreuzten sich, und Gottfried Silbermann präsentierte sein erstes Fortepiano dem Thomaskantor, und dessen kritisches Urteil gab ihm Anlass sein Konzept zu verbessern. Die Verbindung zwischen Bach und Silbermann hat dazu geführt, dass Silbermanns Orgeln oft als die ideale Instrumente für Bachs Musik betrachtet werden, aber darüber lässt sich streiten.

Der französische Cembalist und Organist Louis-Noël Bestion de Camboulas hat die Verbindung Bach-Silbermann zum Anlass genommen, beide auf eine CD zusammenzubringen. Sein Ziel war es, den Entwicklungsgang bei beiden nachzuzeichnen. Diesen gibt es in der Bach-Familie vor allem zwischen dem Vater und seinen Söhnen bzw. Schülern. Diese wird dann verbunden mit den Entwicklungen in der Silbermann-Dynastie - neben Gottfried sein Bruder Andreas - und deren Schüler. Das hat sich niedergeschlagen in ein Programm mit Stücken, in denen abwechselnd Orgel, Cembalo und Fortepiano gespielt werden.

Als Silbermann-Orgel hat sich De Camboulas für das Instrument im Dom zu Freiberg entschieden; als Fortepiano erklingt eine Kopie eines Silbermann-Flügels, dessen Original nicht erwähnt wird. Es ist erstaunlich, dass das Cembalo eine Kopie eines anonym überlieferten Instruments ist, obwohl sich einige der von Silbermann erbauten Cembali in Museen befinden.

Wie stellt man ein Programm zusammen, das die Entwicklungen auf dem Gebiet des Instrumentenbaus und die stilistischen Entwicklungen in der Komposition von Musik zusammenbringen möchte? Selbstverständlich stehen Tasteninstrumente im Mittelpunkt, und da Bach ein berühmter Klavierspieler war und auch seine Söhne und Schüler die Kunst des Spiels auf Tasteninstrumenten beherrschten, ist es nicht schwer, relevante Werke auszuwählen. Wir hören die Tasteninstrumente sowohl solistisch wie im Ensemble. Im letzten Fall erklingen einige Lieder mit Basso continuo oder Fortepiano, eine der Triosonaten von Johann Sebastian in einer Besetzung mit zwei Violinen und Basso continuo, sowie ein kurzes Klaviertrio von Carl Philipp Emanuel.

Solostücke auf Orgel, Cembalo und Fortepiano gibt es vom Vater und den Söhnen. Schüler fehlen ganz im Programm. Hätte De Camboulas diese auch noch in sein Programm einbezogen, wäre es noch kurzatmiger ausgefallen als es schon der Fall ist. Denn das ist mein grösstes Bedenken gegen diese Aufnahme: es gibt einige grössere Werke - die beiden Triosonaten (eine als Kammermusik und eine als ein Orgelwerk, wie sie gemeint ist), die Fantasie und Fuge in c-Moll (BWV 562) und das Ricercar a 3 aus dem Musicalischen Opfer - aber auch viele sehr kurze Stücke. Die Auswahl wirkt etwas willkürlich, und die ganz kurzen Stücke kämen in einer Art von Suite viel besser zum Tragen.

Und dann gibt es natürlich die Frage, welches Instrument man für ein bestimmtes Werk auswählt. Für die Zeit der Bach-Söhne, als verschiedene Instrumente nebeneinander existierten, lässt sich meistens nicht sagen, welches denn zu bevorzugen ist. In gewisser Weise hinkt diese Aufnahme auf zwei Beinen. Die stilistische Entwicklung der Musik der Bach-Familie hält keinen Gleichschritt mit der Entwicklung der Klavierinstrumente.

Die Interpretationen sind im Grossen und Ganzen gut gelungen. In der Fantasie und Fuge hätte ich in der Fantasie gerne eine etwas schärfere Artikulation gehört. Diskutabel ist auch der Unterschied in Registrierung zwischen der Fantasie und der Fuge (aber darüber laufen die Meinungen auseinander). Die Darstellungen auf dem Fortepiano haben mir am Besten gefallen. Die Instrumentalisten spielen sehr schön, aber ihr Anteil ist relativ bescheiden. Marc Mauillon hat eine schöne Stimme, aber in Bist du bei mir - warum wieder dieses abgehackte Lied? - sind seine Verzierungen etwas stereotyp.

Kurzum: meine Begeisterung hält sich in Grenzen.

"The Experts - The Bach & Silbermann Dynasties"
Louis-Noël Bestion de Camboulas, Cembalo, Fortepiano, Orgel; Marc Mauillon, Bariton; Ensemble Les Surprises
Harmonia mundi HMM 902738 (© 2024) details

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